Bestimmungsschlüssel für Flechten des Geländes der Ruhr-Universität Bochum

Auszug aus:
Goos, Ulrike 1998: Floristische, vegetationskundliche und avifaunistische Untersuchungen
auf dem Gelände der Ruhr-Universität Bochum.
Lehrstuhl für Spezielle Botanik, AG Geobotanik. Diplomarbeit.

© Ulrike Goos, Spezielle Botanik, Ruhr-Universität Bochum

 

 

I. Flechten auf Gestein (epilithische Flechten)
II. Flechten auf Holz (epiphytische Flechten)
III. Flechten auf Erdboden (epigäische Flechten)
 

I. Flechten auf Gestein

A Farbe des Lagers gelb bis orange

1 Wuchs rosettig, Lager am Rand mit breiten oder schmalen Lappen.
2 Lager ohne Apothecien, mit Lippen- bis Kopfsoralen bzw. steril, diese meist im Zentrum des Lagers. Lager fest mit der Unterlage verwachsen. Caloplaca decipiens
2* Lager mit Apothecien. Lager recht lose mit Haftfasern an der Unterlage befestigt, im feuchten Zustand meist leicht ablösbar.
3 Lagerlappen schmal, langgestreckt, fast durchgehend gleichbreit, Lager 1-3 cm breit, dunkelorange. Xanthoria elegans
3* Lagerlappen breiter, teilweise einander überlappend. Nur jung unter 2 cm breit. Xanthoria parietina
1* Wuchs nicht rosettig, dichtstehende Apothecien mit Lagerrand oder sorediös aufgelöste Flächen.
4 Lager völlig sorediös (körnig), zitronengelb. Caloplaca citrina
4* Lager undeutlich entwickelt, nur als Rand von der Apothecienscheibe abgesetzt.
5 Flechte dunkelgelb bis orange, anthrachinonhaltig, daher KOH-positiv (tiefrot). Caloplaca holocarpa
5* Flechte heller gelb, ohne Anthrachinone, KOH-negativ. Candelariella aurella

 Arten
Caloplaca citrina(Hoffm.) Th. Fr.
Krustenflechte, an natürlichen Standorten auf Kalkfelsen. Sekundär auf kalkhaltigem, stark nährstoffreichem Gestein. Sehr häufig an den Basen und Vertikalflächen der Betonwände des Unigeländes, z. B. nahe des Südeingangs des IC-Gebäudes, Ebene 02.
Caloplaca decipiens (Arnold) Blomb.&Forss.
Krustenflechte, auf Kalkgestein an eutrophierten Standorten, z. B. Vogelsitzplätzen. Hauptsächlich auf anthropogenem Substrat, vor allem auf Mauerwerk. Licht- und wärmeliebend. Auf dem Unigelände an Betonmauern und -wänden, z. B. am Südeingang des HZO, Ebene 01.
Caloplaca holocarpa (Hoffm. ex Ach.) Wade
Krustenflechte, an licht- und nährstoffreichen Standorten, auf kalkhaltigem Gestein, z. B. in Halbtrockenrasen. Hauptsächlich anthropogene Standorte. Häufiger Erstbesiedler auf Kunststein wie Beton. Auf Mauerwerk, z. B. am Südeingang des HZO, Ebene 01.
Candelariella aurella (Hoffm.) Zahlbr.
Krustenflechte, auf kalkreichem Gestein, in Halbtrockenrasen, häufig auf Mörtel, licht- und nährstoffliebend. Häufiger Erstbesiedler auf Kunststein, wie Beton. Auf Mauern, z. B. am HZO.
Xanthoria elegans (Link) Th. Fr.. Blattflechte, auf nährstoff- und lichtreichem, kalkhaltigem sowie basischem Silikatgestein, natürlich in Kalksteinbrüchen und Halbtrockenrasen. Hauptsächlich an anthropogenen Standorten. Zerstreut auf Betonmauern, z. B. am Südeingang des HZO, Ebene 01.
Xanthoria parietina (L.) Th. Fr.
Blattflechte auf kalkhaltigem, meist staubimprägniertem Gestein, an lichtreichen Stellen. Häufig in Siedlungsnähe auf Mauern und Dächern. Sehr toxitolerant gegen Luftverschmutzung. Auf dem Unigelände zerstreut auf Mauern südlich der I-Gebäude.
 

B Farbe des Lagers weißlich, hellgrau, hellblau, blaßgrün oder grünlich grau

1 Lager mit Soralen. Apothecien oft fehlend.
2 Lager mit einzelnen Borsten (Cilien), Lappenenden helm- bzw. kuppelförmig aufgewölbt, in den Kuppeln sorediös, Helmsorale (Abb. 11f)
Physcia adscendens (vgl. auch Physcia tenella, häufiger auf Rinde, Habitus ähnlich, doch Lappenenden flacher aufgewölbt, mit Lippensoralen [Abb. 11c]).
2* Lager ohne Borsten.
3 Lager rosettig, grau bis hellblau, am Rand gelappt, mit bläulichen Kopfsoralen (Abb. 11e), diese hauptsächlich im Zentrum des Lagers.      Physcia caesia
3* Lager krustig, durch Risse in einzelne Felder geteilt, weißlich bis grau. Sorale meist regelmäßig rund. Auf Silikatfels. Porpidia tuberculosa
1* Lager mit Apothecien.
4 Lager rosettig, am Rand gelappt, mit vielen Apothecien im Zentrum, Farbe des Lagers blaßgrün bis grünlich grau. Apothecienscheibe oliv bis bräunlich. Lecanora muralis
4* Lager krustig bis undeutlich, evtl. als heller Rand dichtstehender Apothecien zu sehen.
5 Apothecien schwarz, mit Eigenrand. Lager undeutlich bis deutlich entwickelt, rissig bis gefeldert, weißlich bis grau. Lecidella stigmatea
5* Apothecien gelblich bis hellbraun, mit Lagerrand P+ (rot). Lager deutlich, krustig, graugrün, uneben warzig bis körnig. Lecanora conizaeoides
5** Apothecien braun mit weißem Lagerrand. Lager undeutlich. Lecanora dispersa- Gruppe
6 Apothecien UV+ (orange), Apothecienränder deutlich vorstehend. Bräunliche Körnchen im Epithymenium lösen sich in HNO3 auf.
Lecanora flotowiana
6* Apothecien UV-, Apothecienränder wenig vorstehend. Bräunliche Körnchen im Epithymenium lösen sich in HNO3nicht auf. Lecanora dispersa

 Arten
Aspicilia moenium (Vainio.) Thor & Timdal
Krustenflechte, in der Regel auf anthropogenen Substraten, vor allem auf Betonwänden. Auf dem Unigelände selten auf Mauern, z. B. auf der Mauer der Treppe, die vom HZO zum Hörsaal HNA führt.
Lecanora conizaeoides Nyl. ex Crombie
siehe unter Flechten auf Holz.
Lecanora dispersa (Pers.) Sommerf.
Krustenflechte, auf kalk- und staubimprägniertem Gestein, häufig auf den Mauern des Unigeländes, z. B. südlich des HZO und auf Pflastersteinen hinter den Werkhallen ICN.
Lecanora flotowiana Sprengel
Krustenflechte, kommt wohl in planaren Lagen vor, scheint jedoch ein Hauptverbreitungsgebiet auf Kalkstein im subalpinen bis alpinen Bereich zu besitzen (vgl. Poelt & Leuckert 1995). Auf Mauern südlich des HZO.
Lecanora muralis (Schreber) Rabenh.
Krustenflechte, auf kalkhaltigem, staubimprägnierten und nährstoffreichem Gestein aller Art. Bis in die Innenstädte vordringend. Auf dem Unigelände wohl häufigste Flechte, auf vielen Betonwänden und Pflastersteinen, z. B. auf den Flachdächern der N- und I-Gebäude und auf Pflastersteinen vor dem Westeingang zum Botanischen Garten.
Lecidella stigmatea (Ach.) Hertel & Leuck.
Krustenflechte, auf Kalkgestein bzw. staubimprägniertem, basischen Silikat, vor allem auf anthropogenen Substraten. Häufig an den Mauern des Ostforums, z. B. am HZO.
Physcia adscendens (Fr.) Oliv.
Blattflechte, an licht- und nährstoffreichen Standorten, an freistehenden Bäumen und auf Gestein, z. B. auf anthropogenen kalkhaltigen Substraten. Ziemlich toxitolerant (Wirth 1995). An der Mauer des großen Pflanzkastens südlich der Gebäude IB- und IC Süd, Ebene 01.
Physcia caesia (Hoffm.) Fuernr.
Blattflechte, auf Kalkstein an eutrophierten Standorten. Auf Mauerwerk, z. B. am Südeingang des HZO und an Mauern des Flachdaches östlich des ND-Gebäudes, Ebene 04.
Porpidia tuberculosa (SM.) Hertel & Knoph.
Krustenflechte, auf Silikatgestein, Felsen, auch auf anthropogenen Substraten, meist schattig, luftfeucht. An den Schieferfelsen nordwestlich des Gebäudes GC.
 

C. Flechtenlager dunkelgrau bis schwarz bzw. Lager undeutlich entwickelt, aber mit schwarzen Apothecien

1 Lager rosettig.
2 Lager i. d. R. dunkelgrau, mit Flecksoralen, unterseits schwärzlich, mit Rhizinen. Phaeophyscia orbicularis
2* Lager graubraun bis braun, mit körnigen, isidiösen Rändern, Lagerlappen klein und schmal, unterseits mit spärlichen Rhizinen.      Phaeophyscia nigricans
1* Lager nicht rosettig.
3 Lager feinkörnig-isidiös und/oder mit Apothecien.
4 Apothecien sichtbar von einem Lager umgeben bzw. nur krustiges, körniges Lager vorhanden. Lager braun, krustig, feinkörnig-isidiös oder angedeutet gelatinös, Apothecien - wenn vorhanden - dunkelbraun. Saccomorpha icmalea
4* Apothecien höchstens von einem schmalen Lagerrand umgeben bzw. nur von einem Eigenrand umgeben. Apothecien schwarz, mit Eigenrand, auf Kalkgestein. Lecidella stigmatea
3* Lager mit Perithecien. Lager rissig, braun bis braunschwarz, mit schwarzem Vorlager, nicht sorediös. Perithecien (Abb. 10) fast alle inmitten der Areolen sitzend. Verrucaria nigrescens

 Arten
Lecidella stigmatea (Ach.) Hertel & Leuck.
siehe unter Flechten auf Holz.
Phaeophyscia nigricans (Floerke) Moberg
Blattflechte, natürlicherweise an besonnten Felsen und in Halbtrockenrasen, meist jedoch an anthropogenen Standorten auf eutrophiertem, kalkhaltigem Gestein. Auch an staubimprägnierten Stammbasen freistehender Laubbäume. Zerstreut an Mauern des Ostforums.
Phaeophyscia orbicularis (Necker) Moberg
Blattflechte, sehr eutrophierungs- und toxitolerant, auf kalkhaltigem Gestein, vor allem an anthropogenen Standorten. Sehr verbreitet an Betonflächen des Ostforums.
Saccomorpha icmalea (Ach.) Clauzade & Roux
Auf Totholz, morscher Rinde flachgründigen Böden über Felsen, auch in lichten Wäldern und auf Waldschlägen. Auf dem Unigelände auf Mauern, zusammen mit Phaeophyscia orbicularis.
Verrucaria nigrescens Pers.
Krustenflechte, auf Kalkgestein bzw. basischem Silikatgestein, nährstoffliebend. Zerstreut an Mauern, z. B. südlich des IA-Gebäudes.
 

II. Flechten auf Holz
1 Krustenflechten, Lager mit dem Substrat verwachsen, diffus begrenzt.
2 Lager in der Regel mit Apothecien.
3 Lager hellgrün, feinkörnig, Apothecien rotbraun.Scoliciosporum chlorococcum
3* Lager graugrün, uneben warzig bis körnig, Apothecien gelblich bis hellbraun, P+ (rot). Lecanora conizaeoides
2* Apothecien fehlend, Lager graugrün, P- bis P+ (gelblich). Lepraria incana
1* Lager nur teilweise mit dem Substrat verwachsen, Blatt-, Strauch- oder Becherflechten.
4 Lager aus zwei Teilen bestehend, aus basalen, hellgrauen Schüppchen (Primärthallus) auf dem Substrat und becherförmigen aufrechten Teilen (Podetien). Becher allmählich in den Stiel verschmälert. Cladonia chlorophaea agg.
4* Lager einförmig, ohne aufrechte Podetien.
5 Lager gelb- bis graugrünlich, grünbraun oder olivgrün.
6 Flechte flach, bandartig, gabelig verzweigt. Lager oberseits gelb- bis graugrünlich, unterseits weiß, Sorale grob, rand- oder flächenständig.
Evernia prunastri
6* Flechte rosettig, mit breiten Lappen, Lager grünbraun bis olivbraun, ohne Sorale, sondern mit dichtstehenden, zylindrischen Isidien im Zentrum. Parmelia glabratula
5* Lager hellgrau, hellblau bis weißlich.
7 Sorale flächen- und endständig. Lager von weißlichen Netzadern (Pseudocyphellen) bedeckt, diese bzw. die Lappenenden zu strichförmigen, mehlig-weißlichen Soralen aufbrechend (Abb. 11b). Ohne Borsten (Cilien), aber mit Rhizinen auf der schwarz gefärbten Unterseite. Parmelia sulcata
7* Sorale auf die Lappenenden beschränkt, auf der Unterseite von lippenförmig aufgebogenen Lappenenden (Lippensorale).
8 Lappenenden mit Borsten (Cilien), Lagerunterseite weiß bis bräunlich, mit hellen Rhizinen. Physcia tenella
8* Lappenenden ohne Borsten (Cilien), Lagerunterseite dunkelbraun bis schwarz, ohne Rhizine. Hypogymnia physodes

 Arten
Cladonia chlorophaea agg.
siehe Flechten auf Erdboden.
Evernia prunastri (L.) Ach.
Strauchflechte, auf saurer Borke von Laub- und Nadelbäumen, auch an mäßig staubimprägnierten Borken. Selten, auf dem Ostforum auf Stieleichen.
Hypogymnia physodes(L.) Nyl.
Blattflechte, auf sauren Borken, auch auf Moosen und Silikatgestein, fehlend bei stärkerer Eutrophierung. Auf Stieleichen des Ostforums, selten.
Lecanora conizaeoides Nyl. ex Crombie
Krustenflechte, auf saurer Borke von Laub- und Nadelbäumen, auch auf Silikatgestein und auf durch saure Luftverunreinigungen (SO2) angesäuerten Substraten. Am stärksten in urbane Lebensräume eindringend, sehr häufig in luftverschmutzten Gebieten. Auf dem Unigelände sowohl auf Borken, z. B. südlich des Gebäudes IC auf Ahorn als auch auf Mauern, z. B. am HZO. Auch am Kalwes auf Borken vertreten.
Lepraria incana (L.) Ach.
Krustenflechte, auf saurer Borke, meist regengeschützt, sowohl an freistehenden Bäumen als auch im Waldinneren. Sehr schadstofftolerant. Häufig auf dem Unigelände und besonders im Kalwes.
Parmelia glabratula (Lamy) Nyl.
Blattflechte, meist auf Borke, aber auch auf Gestein und Moosen, recht lichtliebend. Zerstreut auf Borke von Stieleichen auf dem Ostforum.
Parmelia sulcata Taylor
Blattflechte, vor allem auf Borke von Laubbäumen. Eine der häufigsten und toxitolerantesten epiphytischen Blattflechten. Im UG auf Stieleichen und Bergahorn häufig.
Physcia tenella (Scop.) DC.
Blattflechte, an nährstoffreichen, eutrophierten Standorten, häufig an freistehenden Bäumen, lichtliebend, seltener auch auf kalkhaltigem Gestein. Oft vergesellschaftet mit Physcia adscendens. Im UG auf Stieleichen und Bergahorn, aber auch auf Betonmauern.
Scoliciosporum chlorococcum Graewe ex Stenh.
Krustenflechte, auf saurer Borke, häufig in luftverschmutzten Gebieten, sehr toxitolerant, übersteht gleichzeitige Ansäuerung und Eutrophierung des Substrats. Auf dem Ostforum auf Spitzahorn.
 

III. Flechten auf Erdboden

1 Lager aus zwei Teilen bestehend, aus basalen, hellgrauen Schüppchen (Primärthallus) auf dem Substrat und stab- oder becherförmigen aufrechten Teilen (Podetien).
2 Podetien spieß- oder stiftförmig. Cladonia rei
2* Podetien becherförmig.
3 Podetien grobkörnig sorediös, Becher allmählich in den Stiel verschmälert, oft am Rande sprossend. Cladonia chlorophaea agg.
3* Becher schmaler, langgestielt, abrupt in den Stiel verschmälert. Cladonia fimbriata
1* Lager einförmig, ohne aufrechte Podetien.Lager blättrig, Lappen rundlich, oft muschelförmig mit aufgebogenen Rändern, grau bis schwarz. An der Oberfläche mit meist rundlichen, später zusammenfließenden, weißlichen Flecksoralen. Peltigera didactyla

 Arten

Cladonia chlorophaea agg.
Becherflechte. Auf sandigen und steinigen Lehmböden und auf bemoosten Felsen und Holz. Auf den Flachdächern der N-Gebäude, z. B. zwischen dem Audi-Max und dem NA-Gebäude, Ebene 01 und in einem bemoosten Betonpflanzkasten am GC-Gebäude. Im Kalwes selten auf Baumstümpfen.
Cladonia fimbriata (L.) Fr.
Becherflechte. Auf Sand- und Lehmböden, oft ephemerer Pionier, an offenen Böschungen, Wegrändern, meist an lichtreichen Standorten. An offenen Stellen der Wiesen des Westforums.
Cladonia rei Schaerer
Becherflechte. Auf sandigen, kiesigen und steinigen Böden, z. B. in Kiesgruben, auf nacktem Erdboden, an Wegrändern, vorwiegend an gestörten Standorten (Wirth 1995). Auf den Flachdächern der N-Gebäude z. B. zwischen dem Audi-Max und dem NA-Gebäude, auf den Ebenen 01 und 03.
Peltigera didactyla (With.) Laundon
Auf sandigen und steinigen Böden, meist an gestörten, nährstoffreichen Stellen, Wegrändern, auf verdichtetem Boden. Ephemerer Pionier. An offenen Stellen der Wiesen des Westforums.